Algen

Das Leben entstand im Meer vor ungefähr 3 Milliarden Jahren (im Präkambrium) in Form von winzigen, einzelligen Blaualgen (eigentlich Cyanobakterien), die das Sonnenlicht als Energiequelle nutzten. So konnten sie aus Kohlendioxid und den im Meerwasser gelösten Mineralien organische Substanzen aufbauen. Sie haben sich zu einer artenreichen und vielgestaltigen Pflanzengruppe entwickelt. Die vier Algenfamilien bestehen aus Grünalgen (Chlorophyceae), Braunalgen (Phaeophyceae), Rotalgen (Rhodophyceae) und Mikroalgen wie z.B. Spirulina und Dunaliella salina.

Algen sind Überlebenskünstler und können sich selbst unter widrigsten Bedingungen perfekt an ihre Umgebung anpassen. Man findet sie in Salzwasser, Süßwasser, auf Steinen, im Erdboden; selbst an Extremstandorten wie heißen Quellen, vulkanischen Inseln, arktischem Eis und Wüsten.

Algen sind Urpflanzen mit einer langen erdgeschichtlichen Vergangenheit. Ihre Artenvielfalt reicht von winzigen Einzellern bis zu mächtigen Großtangen, die das Gewicht eines kleinen Baumes erreichen können.

Ca. 3/4 des jährlichen Pflanzenwachstums unserer Erde entfällt auf die Meerespflanzen; in erster Linie auf die Algen.

Es sind ca. 30.000 verschiedene Algen bekannt, 800 davon sind gründlich erforscht und werden für Arzneien, Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika etc. eingesetzt.

Die meisten Arten leben jedoch im Wasser, welches 70 Prozent der Erdoberfläche bedeckt. Die sicherlich wertvollsten finden wir in den Ozeanen, vor allem in kalten Meeren.

Einige seltene Algen können den Reichtum des Meerwassers 1.000 bis 10.000 Mal und mehr in sich konzentrieren. Diese Fähigkeit macht die Algen für unsere Gesundheit so wertvoll.

Algen sind morphologisch sehr verschieden. Mikroskopisch klein sind die sogenannten Diatomeen. Es gibt 10.000 Arten. Tange hingegen erreichen bedeutende Größen, wobei die Braunalge Macrocystis pyrifera mehr als 1.000 m lang werden kann und somit zu den größten Pflanzen überhaupt zählt.

Durch die photosynthetische Aktivität der Braun- und Rotalgen werden jährlich 1011 Tonnen Kohlenstoff gebunden, d.h. soviel wie durch alle terrestren Pflanzen zusammen.

Von Alters her wurde uns überliefert, dass sie nicht nur direkt als Nahrung, sondern vielfach als Heilmittel genutzt wurden. Im 19. Jahrhundert hatten Algen zur Jod- und Bromgewinnung einen hohen Stellenwert.

Nahezu das gesamte Wasserleben ist von Algen abhängig, was ihre große ökologische Bedeutung erklärt. Sie sind die Haupt- und Primärproduzenten von organischer Substanz.

Die verschiedenen Algenarten

Die wohl gröbste Einteilung der verschieden Algenarten ist die in Mikro- und Makroalgen. Mikroalgen sind Einzeller, die in ihrer Gesamtheit das Phytoplankton bilden und frei im Meerwasser schwimmen. Sie werden mit besonderen Verfahren geerntet, um anschließend in Tabletten oder Kapseln gepresst, damit der Mensch sie so einnehmen kann. Ganz anders die vielzelligen Makroalgen: Sie können mehrere Meter lang werden und haften an Steinen oder Felsen und besitzen auch einen Stamm und Stängel. Makroalgen sehen blatt- oder grasähnlich aus und werden auch für den Verzehr als Meeresgemüse genutzt.

Eine solche Makroalge ist die Braunalge. Sie ist Lieferant für die Stoffe Alginsäure sowie Lamineran und kann das Jod des Meeres in besonders hoher Form speichern. Deswegen eignet sie sich besonders gut, bei Jodmangelerscheinungen therapeutisch eingesetzt zu werden. Dennoch sollte eine Überdosierung vermieden werden, da ansonsten unerwünschte Nebenwirkungen eintreten könnten. Es gibt circa 265 Gattungen der Braunalge mit bis zu 2.000 Arten.

Eine noch größere Artenvielfalt bietet die Rotalge mit etwa 600 Gattungen und über 5.500 Arten. Einige Algen dieser Gattungen können Kalkstein (Coralinales Gestein) bilden, welches in tropischen Meeren die Korallenriffe festigt. Weiterhin produzieren diese Algen auch Agar-Agar (pflanzliches Geliermittel) und Carrageen (pflanzliches Gelier- und Verdickungsmittel).

Bei der Grünalge unterscheidet man 500 Gattungen mit bis zu 8.000 Arten. Sie erreichen eine Größe von zehn bis 15 Zentimetern und bilden oft Kolonien, die man dann im Frühjahr auf Teichen oder in Wasserlachen finden kann.

Die Blaualgen sind die Einzeller unter den verschiedenen Algengattungen. Wissenschaftlich ist jetzt jedoch erwiesen, dass es sich bei Blaualgen nicht um Algen im eigentlichen Sinne handelt, sondern um eine bedeutende Gruppe innerhalb der Bakterien. Dennoch findet man in Literatur und Presse oft die Bezeichnung als Alge wieder. Blaualgen lassen sich in 150 Gattungen mit etwa 2.000 Arten einteilen, die zumeist im Süßwasser oder auf feuchter Erde leben.

Meeresalgen - Ernte und Gewinnung

Die biologische Wirksamkeit der kosmetischen Präparate auf Algenbasis ist stark abhängig von der Herkunft, Erntezeit, Gewinnung und Verarbeitung der Algen, denn hier gibt es beachtliche Qualitätsunterschiede.

Algen werden heutzutage in großen Algenzuchtanlagen kontrolliert gezüchtet und geerntet. Die größten solcher Algenzuchtanlagen befinden sich vor der Bretagne. Die qualitativ beste Algenernte findet in Bereichen statt, wo das Meerwasser durch starke Strömungen nicht verunreinigt und reich an Sauerstoff ist. Häufige Sonneneinstrahlung wirkt zudem begünstigend aus Wachstum und Qualität der Algen. Beides Bedingungen, warum die Ostsee als Lieferant von Algen nicht in Frage kommt. Zum einen ist der Wasseraustausch mit der Nordsee sehr stark eingeschränkt, da die Ostsee zu großen Teilen vom Festland umgeben ist. Zum anderen liegt die Ostsee in einer so genannten humiden Klimazone, d.h. in einem Gebiet mit hohen Niederschlägen. Die Ernte erfolgt mit Spezialschiffen, die ähnlich einem Mähdrescher unter Wasser arbeiten. In schlecht zugängigen Klippenfeldern ernten Tiefseetaucher die Pflanzen mit Sicheln. Die geschnittenen Algen werden mit einem Saugsystem an Bord geholt, die Verarbeitung der Algenernte erfolgt schnell und schonend, solange die Pflanzen noch frisch sind.

Die Algenernte findet je nach Sorte zu unterschiedlichen Zeiten statt. Die meisten Meeresalgen werden jedoch im Frühjahr, bei voller biologischer Aktivität, geerntet.

Das Potenzial der Algen

Algen konzentrieren das Meer in sich und sind gleichzeitig die Basis für das ökologische Gleichgewicht, weil sie ca. ein Drittel des Sauerstoffs für das gesamte Leben auf der Erde produzieren. Sie bilden zudem die Grundlage für die nachfolgenden Glieder der Nahrungskette.

Im Gegensatz zu Landpflanzen haben Algen keine Wurzeln, durch welche sie die Nährstoffe und das Wasser aufsaugen. Sie nehmen stattdessen Mineralstoffe und Spurenelemente aus dem Meer durch Osmose über ihre gesamte Oberfläche auf. Durch diesen Vorgang werden Nährstoffe durch die Zellhaut direkt ins Innere der Zelle transportiert – deshalb und aufgrund ihres speziellen Zellaufbaus können Algen die wertvollen Mineralstoffe und Spurenelemente aus dem Meer in sehr hohen Konzentrationen herausfiltern und speichern. Deshalb haben sie die höchste Nährstoffdichte aller Pflanzen. Ein Kilogramm frische Algen enthält Aminosäuren, Mineralsalze, Spurenelemente (z.B. Jod) und Vitamine (A, B2, B12, C, D, E und K), Polyphenole und Flavonoide aus rund 100.000 Litern Meerwasser. Das Meeresgemüse kann tausend Mal mehr Jod, hundert Mal mehr Kalzium und zehn Mal mehr Magnesium und Kupfer speichern als Landpflanzen. Einige Rotalgen enthalten mehr Vitamin C als Zitrusfrüchte. Diese Mineralstoffe regulieren und aktivieren die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit, den biologischen Stoffwechsel und sind an Schutz- oder Immunprozessen beteiligt. Algen enthalten alle Mineralstoffe, die der menschliche Körper benötigt. Gleichzeitig sind diese so gebunden, dass der Körper sie gut verwenden kann.

Algen enthalten, obwohl sie im Wasser leben, einen hohen Anteil an Chlorophyll, welches für die Photosynthese verantwortlich ist. Dabei wird Sonnenlicht absorbiert und in nutzbare Energie unter Freisetzung von Sauerstoff umgewandelt. Im Gegensatz zu Landgemüse speichern Meeresalgen keine Schadstoffe und können in verschmutzten, verseuchten Gewässern überhaupt nicht überleben.

Algen die Multitalente

Wissenschaft und Industrie haben den Wert von Algen schon lange erkannt und verwenden die Meerespflanzen als praktisch unerschöpfliche Rohstoffquelle. In der Kosmetik werden Algen u.a. als Wirkstoffe oder Trägerstoffe eingesetzt. Als Wirkstoff erzielen sie die verschiedenartigsten Effekte: zum Beispiel wirkt Chondrus crispus besonders feuchtigkeitsspendend, Palmaria palmata geruchsbindend, Fucus vesiculosus remineralisierend. Als Trägerstoffe dienen Polysaccharide aus Algen wie Alginate, Agar oder Carragheen. Durch Zusatz von Alginaten werden Packungen, Masken, Gele etc. hergestellt. Viele kosmetische Rezepturen integrieren Algenextrakte: z.B. Algen-Seifen, Algen-Massage-Cremes, Algen-Aromaöle, Algen-Konzentrate für Körpereinreibungen, Algen-Körperpackungen, Algen-Gesichtsmasken, Algen-Straffungs-Gele oder Badezusätze.

Die Proteine der Algen versorgen die Hautzellen mit Energie und bilden einen Schutz vor dem Austrocknen. Ihre Vitamine und Beta-Karotin aktivieren die Haut, schützen sie vor Umwelteinflüssen, bekämpfen Freie Radikale und wirken als natürlicher Anti-Aging-Komplex. Die Mineralien und Spurenelemente von Algen haben eine ähnliche Verteilung wie die menschlichen Körperzellen. Chlorophyll trägt wesentlich zur Sauerstoffversorgung der Haut bei, da es dem roten Blutfarbstoff ähnelt.

Durch wasserbindende, quellfähige Komponenten, sogenannte Ceramide, bekommen die Algen-Zellwände eine gewisse Elastizität, Formbeständigkeit und Widerstandskraft. Ihre Schleim- und Gelstoffe bewahren die Algen vor dem Austrocknen. Diese Eigenschaften werden in Pflegeprodukten für trockene Haut oder bei nachlassender Spannkraft genutzt.

Rot- und Braunalgen werden zur Regulierung der Blutgerinnung und als natürliche Antibiotika eingesetzt. Alginate aus Rot- und Braunalgen finden Verwendung in der Wundversorgung, als Abdruckmaterialien für die Zahnmedizin, als Reinigungsmittel in Zahnpasta und als Säurebinder in Magenmedikamenten. Algen werden aufgrund ihrer Fähigkeit, Gifte, Schwermetalle und sogar radioaktive Substanzen wie z. B. Blei, Caesium oder Cadmium abzubauen, besonders geschätzt.

Chlorophyll dient nicht nur  – wie bisher beschrieben – der äußerlichen, kosmetischen Anwendung, sondern ist auch ein wichtiger Nährstoff für den menschlichen Organismus. Der im Blattgrün gebundene Sauerstoff stärkt das Gewebe und ermöglicht es, den reichlich vorhandenen Kohlendioxid in Kohlenoxid und Sauerstoff aufzuspalten. Ferner ist in neueren Studien gezeigt worden, dass Chlorophyll eine keimtötende Wirkung aufweist. Des Weiteren ist das Chlorophyll der Alge ein wichtiger Bau- und Betriebsstoff für den menschlichen Körper. Auch lebenswichtige „Lichtinformationen“ gelangen durch die Aufnahme von Algen in den menschlichen Körper.

Algen in der Ernährung

Auf den Tischen Japans und Frankreichs verspeist man Meeresalgen tonnenweise. Ob gedünstet, kurz in der Pfanne gebraten, als Suppe, Salate, eingelegt oder in Form von Nudeln oder Würzmischungen sind sie eine wohlschmeckende Beilage zu vielen Gerichten. Getrocknete Algen gibt es als Blätter, Gräser, Flocken, Pulver und in Form von Tabletten bzw. Kapseln.

Von den mehrereren tausend Unterarten der Algen eignen sich jedoch nur ein paar zum Verzehr. Die großen Ao-Nori-Blätter werden als klassische Sushi-Verpackung verwendet. Die Braunalge Wakame wird vor allem in Suppen und Salate gestreut und ist auch Bestandteil von Algennudeln. Die Rotalge Agar-Agar dient als Geliermittel. Die jodfreien Mikroalgen Spirulina und Chlorella werden hauptsächlich in Nahrungsergänzungsmittel integriert.

Meeresalgen sind kalorienarm und zählen zu den Gemüsearten mit der höchsten Nährstoffdichte. Kein anderes Naturprodukt ist so reich an Mineralien, Spurenelementen, Aminosäuren und Vitaminen. Weit über 80 verschiedene Elemente sind in Algen nachweisbar, wobei Chlorophyll, Carotionoide und Alginate eine herausragende Stellung einnehmen. Algen enthalten unter anderem das stoffwechselfördernde Vitamin B12, Magnesium für die Nerven, Eisen für die Blutbildung, Vitamin C für das Immunsystem. Sie enthalten sogar mehr Betakarotin als Karotten. Als Lieferant von Jod sind Meeresalgen unschlagbar.

Algenzellen enthalten als Gerüst- oder Schleimstoffe verschiedene komplexe Kohlenhydrate, besser bekannt als Ballaststoffe. Man unterscheidet Agar, Carragheen und Alginate. Von innen angewendet, wirken Meeresalgen deshalb wohltuend auf den Darm, verbessern die Nährstoffversorgung, regen den Stoffwechsel an, fördern die Durchblutung und binden Schadstoffe aus der Umwelt.

Ergänzt werden die Rezepturen aus dem Meer oft mit Naturstoffen auf Pflanzenbasis. Zum Beispiel Soja, Rotklee, Melisse, Rosmarin, Fenchel, Mate-Blätter, Extrakten aus Papaya, Tomaten, Hefe oder Fischöl. Alle Substanzen in diesen Formeln sind so aufbereitet, dass sie der menschliche Organismus optimal aufnehmen und verwerten kann (im Fachjargon wird das Bioverfügbarkeit geannt). Die biologische Wirksamkeit fertiger Algenpräparate ist abhängig von Art, Herkunft, Zucht, Erntezeit und Weiterverarbeitung der jeweiligen Algen.